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Der Pointfaktor - mehr als eine Farbe

 

Eine Vorrede:
Eine Neva-Züchterin, die ich auf diese Seite hinwies, reagierte empört:
Das sei für sie alles nicht relevant, weil die Quellen aus dem Internet stammen würden, und Erkenntnisse von 1970 sowieso überholt wären. Schielende Point-Katzen gäbe es nur deshalb, weil eben manche Züchter schielende Tiere nicht aus der Zucht nähmen.
Ignoranten kann man nicht bilden. Wer zu faul oder unfähig zum Lesen oder Denken ist, beruft sich gerne auf aufgeschnappte Parolen, deren wissenschaftlichen Beweis ihrer Richtigkeit man natürlich schuldig bleibt. Alle anderen mögen die folgenden Ausführungen kritisch prüfen. Ungläubigen empfehle ich ein ausgiebiges Studium der Quellenangaben am Fuß der Seiten. Wem das Internet nicht reicht, der kann sich die angebebenen Fachartikel ausgewiesener Ärzte und Wissenschaftler sicherlich in einer wissenschaftlichen Bibliothek ausleihen.
Für sachlich fundierte Diskussionen bin ich immer offen.

Der Point-Faktor - was ist das?

Die Antwort auf diese Frage wird auf den meisten Züchterseiten so abgehandelt, dass eben ein besonderes Gen dafür verantwortlich wäre, dass sich die eigentliche Fellfarbe nur an den kalten Körperbereichen, wie Ohren, Pfoten, Schwanz und Gesicht ausbilden könne, derRumpf aber hell bliebe und dass Point-Katzen immer blaue Augen hätten.So habe auch ich es lange hingenommen und als ausreichend erachtet. Den ebenfalls oft anzutreffenden Satz, dass dies eine Form des Teilalbinismus wäre, habe auch ich hingenommen, ohne zu fragen, ob dahinter womöglich mehr steckt, als Point-Färbung des Fells und blaue Augen. Aber eigene Beobachtungen in der Zucht haben Fragen aufgeworfen:
  • Warum sind unter gleichen Lichtverhältnissen die Pupillen der Nevas immer weiter gestellt, als die der vollfarbigen Katzen?
  • Warum haben meine Nicht-Nevas auf Blitzlichtfotos immer verkniffene bis zugekniffene Augen, während die Nevas ins Licht gucken?
  • Warum schielen deutlich mehr Pointkatzen (aller Rassen!), als vollfarbige Katzen?
  • Warum sind auch in Point-Würfen scheinbar nicht schielender Eltern schielende Kinder?
  • Warum sind diese schielenden Katzen in gemischten Würfen (vollfarbiger Pointträger x Neva) ausschließlich Nevas?
  • Warum kann man bei vielen Nevas (und Point-Katzen anderer Rassen!), schielenden und nicht schielenden, häufig ein mehr oder minder deutliches Augenzittern (Nystagmus) beobachten?

Diskutiert man mit anderen Züchtern, so haben sie ersteres (erweiterte Pupillen) noch nie beobachtet und Schielen und Nystagmus werden als isolierte Defekte betrachtet, die schließlich bei allen Katzen auftreten könnten und durch Selektion zu bekämpfen seien. Angenommen wird von den meisten ein rezessiver Erbgang, der mit dem Point-Faktor nichts zu tun hätte. (siehe Vorrede)

Was nicht sein darf, das nicht sein kann?

Und dann fand ich folgendes:
Angeregt durch die Diskussion über die Zucht rein weißer Katzen, bei denen Taubheit häufig ist, sah ich mir dies hier an:

Gutachten
zur Auslegung von 5 11 b des Tierschutzgesetzes
(Verbot von Qualzüchtungen)


Unter KATZEN, "2.1.2.1 Monogen vererbte Merkmale" kann man nachlesen:

  • C-Serie (autosomal rezessiver Defekt, bedingt durch Thyrosinase-Blockade):
    ..........
    cs -Akromelanismus der Siam. Die Fellpigmentierung ist bei diesem Phänotyp auf die Körperenden
    (Beine, Ohren, Gesichtsmaske, Schwanz) beschränkt. Auch hier ist die Iris häufig
    aufgehellt.

Und weiter unten:"Bei blauäugigen und heterochromen Tieren (hier sind rein weiße Tiere gemeint) treten außerdem Augenveränderungen auf, die außer
einer mehr oder weniger fehlenden Pigmentierung des Irisstromas im Wesentlichen Netzhautdepigmentierungen und das Fehlen des Tapetum lucidum im blauen Auge umfassen (BERGSMA U. BROWN, 1971 ; DELACK, 1984; PEDERSEN, 1991). Dadurch kommt es zu einer Beeinträchtigung der Nachtsichtigkeit.
Bei Katzen, deren partielle Farbaufhellung durch den cs Faktor determiniert wird (Siamkatze), werden abweichende (aberrante) Faserverläufe in den Sehbahnen, Schielen (Strabismus) und Augenzittern (Nystagmus) diagnostiziert
(BLAKE U. ANTOINETTI, 1976; WEGNER, 1986, 1995)."
[Quelle: Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes]

So, da haben wir's! Unsere schönen lieben und absolut lebenstüchtigen Pointkatzen sollen unter den Qualzuchtparagraphen fallen?

Allerdings bestätigte dieser Passus meinen Verdacht, die weiter oben aufgeführten Abweichungen vom Normalen, würden irgendwie mit dem Pointfaktor zusammenhängen. Jetzt wollte ich es genau wissen und recherchierte weiter.


Für alle Eiligen zunächst eine Zusammenfassung, was dabei heraus kam.

Summery:

Die spezielle Färbung der Pointkatze ist eine Form des Albinismus, das ist eine Störung der Biosynthese des Melanins, eines Farbstoffes.
Albinismus gibt es bei Mensch und Tier. Ein großer Teil der dieser Pigmentierungsstörung zu Grunde liegenden Gen-Defekte sind heute identiviziert.
Die wissenschaftliche Einteilung der Formen des Albinismus wird heute nach der Zuordnung zu den bekannten Gendefekten vorgenommen.
Der Teilalbinismus der Pointkatze wird der Gruppe des Okulokutanen Albinismus Typ 1 B TS, abgekürzt OCA 1 B TS zugeordnet. Ihm liegt eine Mutation im Tyr-Gen zu Grunde, welches die Produktion der Tyrosinase steuert. Tyrosinase ist ein Enzym, welches an der Melaninproduktion beteiligt ist. Beim diesem sogenannten Tyrosinasepositiven Typ B kann die Tyrosynase zwar Melanin produzieren, aber nicht so gut wie normal. Bei der Untergruppe TS (Temperatur-Sensitiver) ist die Funktionsfähigkeit der Tyrosinase temperaturabhängig, genauer wärmeempfindlich. Deshalb klappt die Melaninproduktion nur in den kalten Körperregionen, wie Extremitätenenden, Schwanz, Ohren und Gesicht.
Da es in der Gebärmutter sehr warm ist, funktioniert die Tyrosinase ungeborener Point-Kätzchen nicht. Daher werden Point-Katzen grundsätzlich nahezu weiß geboren.
Auch später kann man diese Wärmeempfindlichkeit gut beobachten. Werden einer Point-Katze an einem Bein die Haare rasiert, z.B. für eine Blutabnahme, und die Pfote dann längere Zeit unter einen Verband genommen, so wächst das Fell unter dem Verband heller nach; eben weil unter dem Verband die Temperatur höher ist.

Leider haben Störungen in der Melaninsynthese oder -transport nicht nur Auswirkungen auf die Haut-,Haar- und Augenfarbe. Das Melanin ist maßgeblich am Aufbau der Strukturen des Auges und des Sehnervs beteiligt, so dass viele Formen des Albinismus auch Auswirkungen auf das Sehvermögen haben . Dies trifft leider auch auf den Typ Okulokutanen Albinismus Typ 1 und die Untergruppe B TS zu, welcher bei Pointkatzen vorliegt.

Auswirkungen des Albinismus auf die Augen betreffen die Iris (Regenbogenhaut, die Macula (Stelle des schärfsten Sehens) und den Sehnerv und den Sehnervkopf mit folgenden möglichen Auswirkungen:

  • Blendungsempfindlichkeit
    Iris: (Regenbogenhaut) mit mehr oder weniger erhöhter Blendungsempfindlichkeit aufgrund der ganz oder teilweise fehlenden Pigmente. Daher auch die blauen Augen .
    (Bei Katzen allerdings kehrt sich das mit der Lichtempfindlichkeit paradoxerweise um, siehe weiter unten TAPETUM LUZIDUM)
  • Nystagmus (Augenzittern)
    Netzhautmitte (Macula, Stelle des schärfsten Sehens): Die Stelle des schärfsten Sehens kann sich durch das nicht ausreichend pruduzierte Pigment nicht vollständig entwickeln.Man vermutet, das dies die Ursache eines möglichen Nystagmus (Augenzittern)bei Albinos ist. Das Auge "sucht" sich die möglichst optimalen Netzhautstellen um den Bereich der schwachen Macula herum.
  • Schielen
    Sehnerv: die Sehnerven beider Augen haben bei Albinismus einen veränderten Verlauf durch das Gehirn und der Sehnervkopf ist verändert. Dies ist vermutlich der Grund dafür, daß sich häufig Schielen und Einschränkungen des räumlichen Sehvermögens bei Albinos findet.
    Diese Auffälligkeiten wurden übrigens zu allererst und eher zufällig im Hirn einer Siamkatze (Point!) gefunden und erst später als allgemeine Störung bei Albinismus bei Mensch und Tier erkannt.
  • verminderte Sehschärfe und Brechungsfehler, Stabsichtigkeit
    sind ebenfalls durch die wenig pigmentierte Macula bedingt und kommen in unterschiedlicher Ausprägung vor.

Alle diese Beeinträchtigungen sind möglich, müssen aber nicht auftreten. Zum Nystagmus ist noch zu sagen, dass Auftreten und Stärke oftmals Stressabhängig sind. Während in völliger Entspannung kein Nystagmus erkennbar ist, verstärkt sich bei Stress und Erregung das Augenzittern.

Leider gibt es zur Sehschärfe der Pointkatzen keine Zahlen. Bei Menschen ist diese Form des Teilalbinismus sehr selten, so dass auch hier keine gesonderte Statistik existiert. Bekannt ist, dass es bezüglich der Sehschärfe beim Typ1B allgemein eine große Streuung gibt von voller Sehschärfe bis zu Verminderungen um die 50 %. Ebenso verhält es sich mit Schielen und Nystagmus. Bei weitem nicht alle Point-Katzen zeigen diese möglichen Auswirkungen des Melaninmangels.
In der Literatur zum Menschen mit Albinismus Typ1B wird angegeben, dass die Sehschärfe sich im Verlaufe des Lebens verbessert, da ja nach und nach noch Melanin produziert und eingelagert wird. Im Fell unserer Point-Katzen zeigt sich das im allmählichen Nachdunkeln. Auch ein evtl. vorhandener Nystagmus kann deshalb mit der Zeit schwächer werden oder sogar verschwinden.

wichtig für Züchter:
Entsprechend dieser Zusammenhänge ist bei Point-Katzen also immer damit zu rechnen, dass auch Beinträchtigungen der Augen auftreten. Mögliche Beieinträchtigungen der Augen sind eine direkte Auswirkung des Melaninmangels während der Embryonalentwicklung. Da sie also eine Folge der auch der gewünschten speziellen Färbung zugrunde liegenden Genmutation sind, dürfte der Erfolg von züchterischen Bemühungen, zwar die spezielle Färbung (möglichst noch ohne Nachdunkeln) und die blauen Augen in Vollendung zu bekommen, die negativen Auswirkungen aber nicht, zweifelhaft sein.

Warum sind diese Zusammenhänge unter Katzenzüchtern so wenig bekannt?
Ich vermut mal, weil einer vom anderen abschreibt und so die meisten es also tatsächlich nicht besser wissen, so wie auch ich bis vor Kurzem. Die wenigen, die vielleicht hinterfragt haben, behalten die gewonnenen Erkenntnisse aus verkaufstaktischen Gründen für sich. Selbst die WIKIPEDIA-Seite über Pointkatzen erwähnt zwar korrekt die zugrundeliegende Genmutation, spart aber alle unbequemen Warheiten aus. Folgerichtig ist diese Seite auch nicht mit Quellennachweisen zu dieser Mutation belegt belegt. Verschleierungstaktik macht es dem Züchter und interessierten Laien schwer, seinen Weg zur ganzen Warheit zu finden.

wichtig für Liebhaber:
Und nun kommt die Entwarnung für alle Halter und Interessenten von Pointkatzen. Sie werden Ihrer Pointkatze mit Sicherheit keine Beeinträchtigung oder gar Behindrung anmerken. Die Pointkatzen sind lebenstüchtig und bewegegen sich genauso sicher und selbverständlich, wie jede andere Katze. Zum einen hat man herausgefunden (an Menschen mit Albinismus), dass das Sehzentrum einen Teil der anatomischen Abweichungen kompensieren kann, zum anderen sind bei Katzen ohnehin der Geruchs- und Hörsinn weit wichtiger, als z.b. beim Menschen. Das für jagender Katzen besonders wichtige Bewegungssehen ist zudem nicht beeinträchtigt.

Übrigens:
Bei sehr jungen Katzenkindern (ebenso wie bei Menschenbabys) kann man häufig ein sogenanntes Pseudoschielen beobachten. Es tritt bei normal gefärbten Katzen ebenso in Erscheinung wie bei Pointkatzen. Scheinbar schielen sie nach außen. Doch dieser Eindruck entsteht durch den sehr breiten Zwischenaugenbereich. Deshalb stehen die Augen noch nicht in der Achse. Dies verliert sich, sobald die Kopfproportionen sich verändern, etwa im Alter von 4-5 Wochen. Die Sehachsen richten sich aus.

Pseudoschielen wenige Wochen alter Katzenkinder

Die selben Kitten 1-2 Wochen später.
Jetzt gucken sie geradeaus.

Und noch ein paar Wochen später...


Und nun detailiert, für alle, die es genauer wissen wollen.

 

1. Schielen und Nystagmus bei Pointkatzen

Schielen bei Pointkatzen zeigt sich meist als Einwärtsschielen

Eine Recherche unter dem Schlagwort Schielen führt nicht wirklich weiter. Es gibt eine Vielzahl von Schielformen auch beim Menschen. Neben seltenerem erworbenem Schielen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher angeborener Formen, die überwiegend erblich sind. Entgegen der Behauptung auf vielen Züchterhomepages ist der Erbgang des Schielens an sich kein rezessiver und überhaupt kein monocromer Erbgang, der den Mendelschen Regeln folgt, sondern in der Regel ein polygener, der durch verschiedene, noch nicht näher ermittelte Modifikatoren mitbeeinflusst wird. Dies ist die Form des Schielens, mit der wir es bei normalen vollfarbigen Katzen(und normal pigmentierten Menschen) zutun haben.
Manche Schielarten jedoch lassen sich bestimmeten Krankeitsbildern zuordnen, deren zugrundeliegende Genmutation inzwischen bekannt ist.Womit wir bei den Point-Katzen wären. Hier ist der Ansatzpunkt zur Recherche:
C-Serie (autosomal rezessiver Defekt, bedingt durch Thyrosinase-Blockade):
Mutationen an diesem Genort führen zu Formen des ALBINISMUS und TEILALBINISMUS. Bei unseren Rassekatzen sind das die cs-Form (Pointfaktor) und der Burmafaktor. Auch vollständige Albinos kommen (extrem selten) vor. Albinismus (von lateinisch albus „weiß“) ist eine Sammelbezeichnung für angeborene Störungen in der Biosynthese der Melanine (das sind Pigmente oder Farbstoffe) und der daraus resultierenden helleren Haut-, Haar- und Augenfarbe. Betroffene Tiere nennt man Albinos, betroffene Menschen ziehen meist die neutralere Form „Menschen mit Albinismus“ vor. Bei vollständigem Albinismus sind Sehschärfe und räumliches Sehen eingeschränkt. Übrigens ist auch unsere europäisch helle Haut ein Ergebnis einer zur Albino-Serie gehörenden Mutation, die allerdings im Gegensatz zu den meisten anderen ohne Auswirkungen auf das Sehvermögen bleibt.

So läuft die Melaninsynthese normalerweise ab:
Der Farbstoff Melanin wird von farbstoffbildenden Zellen, den Melanozyten, produziert. Die Vorstufen der Melanozyten, die Melanoblasten, wandern während der Schwangerschaft in der frühen Fötalperiode aus der Neuralleiste in die Epidermis der Haut, in die Haarfollikel und verschiedene andere Organe aus. In der Haut angelangt, differenzieren sich die Melanoblasten zu Melanozyten und bilden zahlreiche Zellfortsätze aus, über die sie das Melanin an die Keratinozyten weitergeben. Die Menge der Melanozyten ist bei Schwarzen dieselbe wie bei Weißen und auch ein an Albinismus Erkrankter hat normal viele Melanozyten. Die Hautfarbe wird durch die Menge und Qualität des gebildeten Farbstoffs Melanin bestimmt, nicht durch die Anzahl dieser Zellen.Melanozyten enthalten Melanosomen, kleine membranumschlossene Bläschen, in denen der Farbstoff Melanin produziert wird. Sie sind in ihrer Funktion den Lysosomen (Zellorganellen, die der Verdauung dienen) sehr ähnlich, denn beide enthalten Stoffe, die für die Zelle gefährlich sind und deshalb nicht mit dem Rest der Zelle in Berührung kommen dürfen. Die Lysosomen beinhalten eiweißauflösende Enzyme und die Melanosomen Zwischenprodukte der Melaninsynthese wie Chinone und Phenole, die Membranen der Zelle beschädigen können. Um Melanin zu produzieren, werden diverse Enzyme gebraucht, die nacheinander beim Aufbau des Melanins mitwirken. Wenn eines der Enzyme dieses Stoffwechselwegs nicht mehr funktionsfähig ist, tritt Albinismus auf. Die Eumelaninbildung in den Melanosomen beginnt mit einer Hydroxylierung der Aminosäure (AS) L-Tyrosin durch das membranständige Enzym Tyrosinase. Neben diesem Schlüsselenzym sind zwei weitere ebenfalls membranständige Enzyme DHICA-Oxidase und Dct nötig, damit Eumelanin gebildet werden kann. (Quelle: Wikipedia)
Der Albinismus ist also im Grunde eine Stoffwechselstörung.

Der Genetische Hintergrund für den Teilalbinismus der Point-Katzen.

Die zugrundeliegende Mutation gibt es auch beim Menschen.

Okulokutaner Albinismus Typ 1 (okulokutan = Augen und Haut betreffend)
Okulokutaner Albinismus Typ 1, abgekürzt OCA 1 ist eine Form des Albinismus, die auf Mutationen des TYR-Gens (codierend für Tyrosinase) zurückgeht. Eine andere Bezeichnungen hierfür ist Tyrosinase-bezogener Albinismus.
Tyrosinasepositive OCA 1 (OCA1 B) - ist die Mutation, die bei Point-Katzen (Mensch auch) vorkommtBei Tyrosinasepositivem OCA 1 (OCA1 B), kann die Tyrosinase Melanin produzieren, aber nicht so gut wie normal. Die Betroffenen kommen wie bei OCA 1A ohne Pigmentierung der Haut, der Haare und der Iris zur Welt. Im Verlauf des Lebens bilden sie aber etwas Melanin. auch die Sehbehinderung kann in unterschiedlichem Maße ausgeprägt sein. Die Augen können im Laufe des Lebens von blau zu grün oder braun nachdunkeln (aber nicht bei der folgenden Mutation, welche auch bei unseren Nevas vorliegt:Allerdings scheint sich das Tapetum Lucidum, welches ja auch mit dem Pigment im Auge zu tun hat, altersabhängig noch zu entwickeln. siehe Beobachtungen oben). Mindestens eine Mutation erzeugt eine Tyrosinase, deren Funktionsfähigkeit von der Temperatur abhängt. Deshalb sind die Haare am Körper farblos, das Kopfhaar und die Haare an den Händen (bei Menschen) sind aber gefärbt, Untergruppe TS (temperatur sensitiv). = Pointfaktor

Die Pointzeichnung der Siamkatze und einiger anderer Katzenrassen entsteht aufgrund eben dieser wärmeempfindlichen Tyrosinase sie gehören somit zur Albinogruppe OCA1 B TS.

Bei der Katze sind mehrere Allele des TYR-Gens bekannt. Das Allel ca führt zu weißem Fell mit blauen Augen , das Allel c zu vollständigem Albinismus mit roten Augen, cb bewirkt die typische Färbung der Burma-Katze, das Allel cs die der Siamkatze.

Da es in der Gebährmutter sehr warm ist, kann sich bei Albinos des Typs OCR1 B TS die Haut- und Haarfarbe nicht entwickeln, das die Tyrosynase unter diesen Bedingungen nicht funktionsfähig ist. Erst später, im Kalten, beginnt die teilweie Melaninproduktion. In den angegebenen Quellen unten finden sich interessante Fotos von Menschenkindern, die diese Entwicklung dokumentieren. Unsere Neva-Kätzchen kommen dementsprechend nahezu weiß zur Welt.

Grundsätzlich entsteht die Augenfarbe durch Melanineinlagerung in der Iris (Stroma).Fehlt das Pigmentepithel in der Iris, sind die Blutgefäße der Aderhaut im Durchlicht sichtbar, die Augenfarbe ist rot (Albino, nur c/c). Ist die Pigmentschicht vorhanden und können die Melanoblasten ungestört das Stroma besiedeln , sind alle bekannten Augenfarben möglich. Wenn zwar das Pigmentepithel normal ausgebildet, aber die Melanoblastenmigration vollständig oder weitgehend unterbunden ist, dann kommt es zu einem außergewöhnlichen optischen Phänomen. Das nicht pigmentierte Stroma ist milchig trüb. Betrachtet man das dunkle, stark lichtabsorbierende Pigmentepithel durch das milchige und damit stark lichtbrechende Stroma, entsteht ein opaleszierender Effekt, der die Iris in allen möglichen Blautönen schillern läßt.

Das Blau ist um so heller, je trüber das Stroma ist. Bei Katzenbabies ist, wie bei den meisten Säugetierbabys auch, das Stroma nahezu wasserklar, deshalb die tiefdunkelblauen Augen. Die genetische Augenfarbe entwickelt sich erst später, wenn die von den primären Melanoblasten abstammenden Zellen beginnen Pigmente zu bilden, sofern dieser Vorgang nicht, wie beim Teilalbinismus, gestört ist.

Weitere Auswirkungen der eigeschränkten Tyr-funktion auf die Augen

Bei Albinismus ist die Sehschärfe je nach Typ und auch individuell verschieden, mehr oder weniger stark eingeschränkt.
" Die Fovea centralis, die Netzhautstelle des schärfsten Sehens, ist beim Albinismus anatomisch nicht voll ausgebildet, da ihre Entwicklung ebenfalls durch Melanin beeinflusst wird. Sie wird entweder nicht ausgebildet (Aplasie) oder entwickelt sich nur unvollständig (Hypoplasie). Bei den unterschiedlichen Typen des Teilalbinismus ist dies auch innerhalb der Typen im Einzelfall sehr unterschiedlich." [Quelle: Wikipedia ]

Leider fehlen Angaben zum Grad der Sehbehinderung auf die Untergruppe TS bezogen. Bei der übergeordneten Gruppe OCA1B wird das Sehvermögen mit ca. 10% - 90% angegeben.Verglichen mit dem Menschen ist die Sehschärfe bei Katzen generell weniger gut. Ihre schlitzförmige Pupille ermöglicht kein so scharfes Sehen, wie die punktblendenförmige Pupille des Menschenauges. Bei Katzen ist das Bewegungssehen weit wichtiger.

Melanin spielt auch bei der Entwicklung der Sehnerven eine Rolle. Normalerweise ist das Gesichtsfeld beim Menschen (u. anderen Säugetieren) unter beiden Gehirnhälften gleichmäßig aufgeteilt – jede Gehirnhälfte hat ihre Seite und bekommt von beiden Augen den Teil des Bildes geliefert, der zu dieser Seite gehört. Durch den Vergleich beider Bilder kann jede Gehirnhälfte die Entfernung der Gegenstände berechnen und räumlich zuordnen. Bei Menschen mit Albinismus kreuzt ein größerer Anteil der Sehnerven zur gegenüberliegenden Gehirnhälfte, wodurch ein Verlust der physiologischen Nachbarschaft homologer Netzhautareale eintritt und zusammengehörige Bilder nicht immer auf derselben Seite verarbeitet werden. Das räumliche Sehen kann beeinträchtigt sein. Auch der Sehnervkopf im Gehirn von Albinos weist Auffälligkeiten auf. Dies wurde Ende der Sechziger Jahre ehr zufällig entdeckt. Ein Forscher untersuchte Katzenaugen unter dem Elektronenmikroskop. Ein Präparat wies starke Unregelmäßigkeiten auf: Es war das Auge einer Siamkatze [Quelle: siehe unten].
Aufgrund der Unregelmäßigkeiten im Gehirn (Sehnerv und Sehnervkopf) wären eigentlich auch Ausfälle des Gesichtsfeldes zu erwarten. Testreihen haben jedoch bewiesen, dass das Sehzentrum diese Beeinträchtigung kompensieren kann. Allerdings wird das häufige Auftreten von Nystagmus (Schielen) mit diesen Veränderungen von Sehnerv und Sehnervkopf in Verbindung gebracht.

Auch dieStelle des schärfsten Sehensauf der Netzhaut kann sich durch das fehlende Pigment nicht entwickeln. Durch die fehlende oder unterentwickelte Stelle des schärfsten Sehens kommt es zu einem Nystagmus (Augenzittern), das Auge "sucht" sich die möglichst optimalen Netzhautstellen um den Bereich der fehlenden Macula herum.
Bei einer Untersuchungsreihe von 37 Patienten (Menschen mit Albinismus) hatten alle einen Nystagmus verschiedener Ausprägung, nur vier von ihnen schielten nicht.Die genannten Umstände haben deshalb häufig ein fehlendes oder zumindest deutlich eingeschränktes räumliches Sehen zur Folge." [Quelle: Wikipedia, siehe unten]


extremer Nystagmus- bei einem Britenkitten (Netzfund)

So extrem wie bei diesem Kitten ist der Nystagmus bei Point-Katzen selten ausgeprägt.

noch ein Video gibt es hier >>

und noch eines >>

Da Schielen und Nystagmus zum Symtomkomplex des Albinismus (und damit auch Teilalbinismus und damit auch des Point-Faktors) gehören und eine direkte Folge des Melaninmangels während der Embryonalentwicklung sind, muss man immer damit rechnen, dass es auch auftritt. Da Point bei Katzen durch die Tyr-Mutation "Tyrosinasepositives OCA 1 (OCA 1B)" entstehen, welche auch Auswirkungen auf die Augen hat, kann man Schielen und Nystagmus bei Pointkatzen folglich auch nicht vollständig wegzüchten. Der Grad der Ausprägung ist in jedem Falle unterschiedlich, von nicht messbar, bis extrem. Deshalb kommen auch in Würfen scheinbar nicht schielender Eltern schielende Kinder vor. Die Eltern haben ihnen eben mit der Tyr-Mutation nicht nur die Fellfarbe vererbt.

Schielende Point-Katzen haben K E I N E N von der Pointfarbe isoliert auftretenden Gendefekt. Es liegt auch keine irgendwie geartete Genkopplung vor.

Der Grad der Ausprägung der Augendefekte auch innerhalb der Untertypen des Albinismus wechselt, wie oben beschrieben, stark. Worauf diese Schwankungen beruhen, ist anscheinend noch nicht erforscht. Angesichts des genetischen Hintergrundes erscheint es fraglich, ob Schielen und Nystagmus bei Pointkatzen überhaupt züchterisch zu beeinflussen sind. Vorsorglich sollte man trotzdem keine deutlich schielenden Point-Katzen in die Zucht nehmen.

Wichtig, zu wissen:

  • Vollfarbige Katzen (also Nicht-Point-Katzen, die schielen, haben eine Fehlsichtigkeit, die separat erblich ist und daher, anders als bei Pointkatzen, auch züchterisch beeinflussbar ist.
  • Vollfarbige Katzen, welche einen Nysagmus zeigen, haben eine neurologische Schädigung oder wurden sehr lange im Dunkeln gehalten

Die allermeisten Tierärzte wissen von den besonderen Zusammenhängen von Point-Faktor und Augen nichts und gehen daher auch bei Point-Katzen von einem Erbfehler ( "schlechter Züchter") oder gar von Krankheit aus. Lassen Sie sich nicht verückt machen. Ihre Katze ist weder Ausschuss noch krank.


Nachtrag:

Die Erkenntnisse zu den genetischen Ursachen von Schielen und Nystagmus und dem Zusammenhang mit der Point-Färbung sind offenbar nicht neu. Gerade habe ich im Netz einen englischsprachigen Fachartikel zum Thema gefunden, beruhend auf einer Studie aus dem Jahre 1971:

Congenital strabismus

Esotropia (convergent squint) is seen commonly in the Siamese and Himalayan breeds (and other breeds with this colour pattern), often in association with pendular nystagmus (rapid sideways eye movement). The condition is due to abnormal routing of the optic nerve fibres during embryogenesis (foetal growth), such that an excessively high proportion of optic nerve fibres cross over at the optic chiasm. This leads to reduced medial visual fields, and the resultant squint is thought to be an attempt at functional correction of the visual field deficits. The abnormality is linked to the genes for coat colour; melanin is required for the correct routing of optic nerve fibres from the eye to the brain. It is believed to be a polygenic trait with threshold character.

Kalil, R.E et al (1971) Anomalous retinal pathways in the Siamese cat: an inadequate substrate for normal binocular vision, Science 174:302-305

Es tut nichts zur Sache, dass hier von Siamesen die Rede ist. Das ausgeführte trifft auf alle Point-Katzen zu.

Doch die Entdeckung der Tatsache, dass bei Pointkatzen sich im Sehnerv sehr viel mehr Nervenphasern kreuzen, als normal, wurde bereits Ende der 60ziger Jahre gemacht:

"Parallel zu den zunehmenden Erkenntnissen in der Molekulargenetik ist es einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass man – ohne dies untersuchen zu wollen – erkannte, welche deutlichen zerebralen Umstrukturierungen durch eine Hypopigmentation hervorgerufen werden: Eines Abends Ende der 60er Jahre bemerkte Ray Guillery [3], als er seiner mikroskopischen Erforschung des Schichtenaufbaus des Corpus geniculatum laterale1 bei der Katze nachging, dass sich ihm ein völlig andersartiger Befund darbot. Die untersuchte Katze stellte sich als siamesische Katze heraus,...." [Quelle: Käsmann http://www.albinismus.info/aktuell/albinismus_editorial_ophthalmologe.pdf]


 

2. Beieinträchtigung der Nachtsichtigkeit ?

Fast alle Säugetiere haben zur Verbesserung des Dämmerungssehens im Augenhintergrund, dort wo der Sehstrahl auftrifft, eine je nach Tierart unterschiedlich strukturierte reflektierende Schicht, die das einfallende Restlicht verstärkt. Besonders ausgeprägt ist dieses TAPETUM LUCIDUM bei nachtaktiven Tieren. Menschen, Primaten und auch Kaninchen haben dieses Tapetum Lucidum übrigens nicht. Jeder hat sowohl die Auswirkungen des Vorhandenseins des Tapetum Lucidum als auch die seines Fehlens schon einmal beobachtet: Plötzlich blitzt in der Dunkelheit ein Augenpaar auf. Meist ist es eine Katze, manchmal auch ein Hund. Sogar bei Pferden kann man es manchmal beobachten. Bei Menschen blitzt gar nichts. Sie haben diese Reflexionsschicht nicht.
Wie oben zitiert, fehlt das TAPETUM LUCIDUM auch in den blauen Augen rein weißer Katzen. Wie sieht es mit den blauen Augen der Nevas und überhaupt aller Point-Katzen aus?

Es gibt einen einfachenTest für das Vorhandensein oder Fehlen des TAPETUM LUCIDUM. Beim Anleuchten mit einer Lampe reflektiert das Auge normal pigmentierter Katzen das Licht gelb-grün, während bei fehlendem TAPETUM LUCIDUM wegen der durchscheinenden Blutgefäße der Aderhaut das Auge rot erscheint. Betrachten Sie Blitzlichtfotos. Bei normalen Katzen reflektiert der Augenhintergrund auch das Blitzlicht gelb-grün. Bei Menschen und bei blauäugigen Katzen bekommt man rote Augen zu sehen. Blitzlicht-Point-Katzen-Fotos haben oft mit dem Rote-Augen-Effekt zu kämpfen.


Fehlt also auch unseren Point-Katzen ebenfalls das Tapetum Lucidum vollständig?
Das glaubte ich, daraus schlussfolgern zu können. Dieser Beitrag war bereits fertig, als ich am späten Abend auf der Suche nach meiner Neva Mietze unter den Birken ein Augenpaar aufblitzen sah, ganz so, wie es sich für ordentliche Katzenaugen in der Dunkelheit gehört. Ich überzeugte mich noch einmal. Tatsächlich. Da reflektierten Katzenaugen. Ich ging nachsehen und es war tatsächlich Mietze, die unter dem Baum saß.
Rote Augen im Blitzlicht, aber trotzdem reflektierende Augen in der Nacht? Das kann nur bedeuten, dass das Neva-Auge ein funktionstüchtiges TAPETUM LUCIDUM besitzt, welches aber womöglich weniger stark ausgebildet ist als bei normal gefärbten Katzen, der Augenhintergrund wohl insgesamt auch wenig pigmentiert ist. Daraufhin sah ich meine Katzenfotos durch und stellte folgendes fest:
Bei mit Blitzlicht aufgenommenen Fotos von Neva-Katzenkindern gibt es praktisch immer den Rote-Augen-Effekt. Anders bei erwachsenen Katzen. Mal gibt es den Rote-Augen-Effekt, mal reflektieren die Augen ganz oder teilweise, offenbar abhängig vom Einfallwinkel des Lichtes.

Auf diesem Foto refflektieren Jurijs Augen das Licht genauso, wie die Augen vom vollfarbigen Peter oben.

Offensichtlich entwickelt sich das TAPETUM LUZIDUM bei Point-Katzen erst mit zunehmendem Alter. Da das Tapetum bei Katzen von Melanoblasten gebildet wird, also wieder Melanin eine Rolle spielt, handelt es sich offensichtlich dabei um eine weitere Auswitkung des Teilalbinismus. Ebenso wie Das Fell nachdunkelt, wandert wohl auch in das Tapetum das Melanin erst nach und nach ein. Der Einfallswinkel des Lichtes spielt auch eine Rolle dabei, ob sich ein rote-Augen-Effekt zeigt odrt Reflexion.

Die Wirkung des bei vollfarbigen Katzen kräftig ausgebildeten TAPETUM LUZIDUM führt dazu, dass diese "normalen" Katzen blendungsempfindlichere Augen haben, als Point-Katzen.

Die abgeschwächte Wirkung des TAPETUM LUZIDUM führt also trotz der lichtdurchlässigeren Regenbogenhaut der Pointkatzen zu einer Umkehrung der normalerweise höheren Lichtempfindlichkeit von Albinos.

Sind also unsere Nevas deshalb mehr oder weniger nachtblind?
Nein, das sind sie natürlich nicht. Erstens ist ja ein, wenn auch offenbar weniger ausgeprägtes Tapetum Lucidum vorhanden und zweitens sind auch die Point-Katzen, genau wie bei allen anderen Katzen und wie überhaupt bei allen Säugetieren einschließlich dem Menschen mit zwei weiteren physiologischen Fähigkeiten ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, vorhandenes Restlicht, z.B. Sternenlicht bestmöglich auszunutzen.
Als erstes wird die Pupille weit gestellt. Es kann somit mehr Licht einfallen. Bei blauäugigen Katzen setzt diese Weitung der Pupille schon bei Lichtverhältnissen ein, bei denen die Pupillen der grünäugigen noch schlitzförmig sind. Bei leichter Dämmerung kann das womöglich vorhandene Defizit also kompensiert werden.
Es gibt aber noch einen zweiten Mechanismus, der die Nachtsicht verbessert. Jeder weiß von sich, dass er um so besser in der Nacht sehen kann, je länger er sich in der Dunkelheit aufhält. Das ist auch bei allen Katzen, einschlißlich der point-farbenen so. Dieser Anpassungsmechanismus wird durch die Stäbchen im Auge ermöglicht. Nachtblindheit entsteht durch eine Funktionsstörung oder den völligen Ausfall der Stäbchen. Fallen die Stäbchen vollständig aus, spricht man im engeren Sinne von „Nachtblindheit“. Das Sehen in der Dämmerung ist dabei stark behindert. In einer nächtlichen, unbeleuchteten Umgebung (aber Sternenlicht!) ist das Sehen für Nachtblinde praktisch unmöglich. Nachtblind sind also Point-Katzen genauso wenig wie wir Menschen, es sei denn, ihren Augen fehlen die Stäbschen, was nichts mit den blauen Augen zu tun hat. Katzen haben übrigens dreimal so viele Stäbchen wie Menschen. Somit müsste die Nachtsichtigkeit auch der blauäugigen Katzen die des Menschen eigentlich trotz schwachem Tapetum übersteigen. Einschränkend ist aber zu sagen, dass die Zahl der Zäpfchen und Stäbchen im Auge bei Albinos allgemein verringert ist. Bei vollständiger Dunkelheit kann übrigens niemand sehen, auch die grünäugigste Katze nicht. Licht ist für den Sehvorgang unabdingbar.


Auf den Punkt gebracht bedeutet das weniger gut ausgebildete Tapetum Lucidum eine möglicherweise (!) gegenüber grün- oder gelbäugigen Katzen leicht verminderte Nachtsichtigkeit.

Bleibt die Frage, ob das Fehlen oder das weniger gut ausgebildete des TAPETUM LUCIDUM den Tatbestand der QUALZUCHT erfüllt.
Empfinden blauäugige Katzen einen Leidensdruck oder leiden sie gar Qualen? Sind sie in ihrer normalen Lebensführung eingeschränkt?

Meine Meinung:
Sie (die Katzen) wissen nicht, dass andere Katzen besser in der Nacht sehen als sie. Falls sie die Möglichkeit dazu haben, gehen sie genauso auf die Jagd wie ihre grünäugigen Verwandten. Unser blauäugiger Jurij ist unser erfolgreichster Jäger, auch in der Nacht.


Zu seinem Leidwesen darf er seine Beute nicht mit ins Haus bringen.

Die Tatsache, dass es besonders in südeuropäischen Ländern unter den verwilderten Straßenkatzen häufig auch Pointkatzen gibt, zeigt, dass ihr vermindertes Dämmerungssehvermögen sich nicht gravierend auf ihre Überlebensfähigkeit auswirkt. Möglicherweise verschieben sie auch ihre Jagdzeiten in den Tag hinein. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass die grünäugige Mascha deutlich länger bis in die Nacht hinein draußen aushält, als der blauäugige Jurij, - ohne allerdings jemals eine Maus zu fangen. Als reine Wildkatze, deren Überleben ausschließlich vom Jagderfolg abhängt, würde der Nachteil sich sicherlich auswirken. Aber unsere Hauskatzen, auch die verwilderten, sind Kulturfolger. Sie halten sich immer in der Nähe von Siedlungen auf und ergänzen ihre Jagdbeute durch Abfälle oder Betteleien. Hauskatzen haben noch mehr Merkmale, die sie in freier Wildbahn benachteiligen würden, z.B. gescheckte Farben. Will man die Überlebensfähigkeit im Wildstand zum Maßstab nehmen, würden wohl fast alle unsere Haustiere durchs Raster fallen. Eine Rückführung in den Wildstand überleben als Art eigentlich nur Pferde und Hunde, die der Wildform nahestehen wie die australischen Dingos.

 


Zum Schluss die Gretchenfrage: Sind Point-Katzen soweit eigeschränkt, dass ein artgemäßer Gebrauch (hier der Augen) nicht mehr möglich ist, oder die Katzen leiden?
Tatsache ist, dass starkes Schielen dazu führen kann, dass das Gehirn das Bild des schielenden Auges ausblendet, um Doppelbilder zu vermeiden. Auch dadurch wird das räumliche Sehen eingeschränkt und die Sehkraft des schielenden Auges lässt nach.


Wie weit die Auswirkungen im täglichen Leben der Katzen tatsächlich gehen, ist unklar. Ich kann nur aus der Beobachtung meiner Katzen sagen, dass mir nie ein Unterschied aufgefallen ist, etwa das Taxiervermögen im Sprung eingeschränkt wäre oder ähnliches. Meine Nevas bewegen sich genauso sicher, wie meine vollfarbigen Katzen.

Im Gegensatz zum Teilalbinismus der Point-Katzen kommt der vollständige Albinismus (C mit roten Augen) bei Katzen sehr selten vor. Die beschriebenen Augenschäden werden durch die vollständige Lichtdurchlässigkeit der Iris noch verstärkt. Das rote Auge dieser vollständigen Albinos kann keine Blende bilden und damit kein scharfes Sehen ermöglichen. Das Sehvermögen solcher Albinos liegt nur zwischen 10-50%. Klar, dass solche Tiere selten alt genug werden, um sich zu vermehren.


Rein weiße Katzen

Rein weiße Katzen sind übrigens keine Albinos. Ihr weißes Fell wird durch den sogenannten LEUZISMUS verursacht.Leuzismus ist eine Defekt-Mutation, die dazu führt, dass das Fell weiß und die darunterliegende Haut rosa ist, da die Haut keine Melanozyten (farbstoffbildende Zellen) enthält. Im Gegensatz dazu sind beim Albinismus die Zellen zwar vorhanden, aber ganz oder teilweise unfähig, den Farbstoff Melanin zu bilden.Gene, deren Mutation zu Leuzismus führt, wurden früher üblicherweise mit W abgekürzt. Sie bewirken in der frühembryonalen Entwicklung eine Fehlentwicklung von Strukturen der Neuralleiste, die dazu führt, dass keine oder sehr wenige Melanoblasten aus der Neuralleiste auswandern. Damit gibt es an der Körperoberfläche keine pigmentbildenden Zellen mehr. Bereiche, die mit dem Zentralnervensystem unmittelbar zusammenhängen, besonders die Augen, haben meist zumindest, eine gewisse Anzahl pigmentbildender Zellen, so dass die Augen von leuzistischen Tieren hellbraun oder dunkelblau bis orange gefärbt sind, je nachdem, wie hoch die Anzahl der Pigmentzellen ist.
W-Locus: Allel W (autosomal, dominantes Weiß): Uberdeckt alle anderen Farbgene. W bewirkt eine vollständig weiße Fellfarbe und zeigt unvollständige Penetranz für Schwerhörigkeit, die am häufigsten mit Blauäugigkeit kombiniert ist." Die Schwerhörigkeit bzw. Taubheit wird durch Veränderungen im Bereich des Innenohres verursacht.
Im Einzelnen werden
- Vermindenungen der Membranen der Gehörschnecke (Cortisches
Organ);
- Unterentwicklung (Hypoplasie bnv. Aplasie) des Corti-Organes;
- vollständiger oder partieller Kollaps der Reissnerschen Membran;
- Einengung des Ductus Cochlea;
- Rückbildung der Stna vascularis;
- Degeneration des Ganglion spirale cochleae (enthält die afferenten Nervenfasern des Pars cochlearis, des achten Gehirnnerves)
beschrieben (BERGSMA U. BROWN, 1971; DELACK, 1984; MAIR, 1973; PEDERSEN, 1991; WILSON U. KANE, 1959).

Die auftretenden Defekte am Innenohr basieren auf Fehlentwicklungen während der Embryogenese. Die pleiotrope Genwirkung führt dabei primär zu einer Fehlentwicklung von Strukturen der frühembryonalen Neuralleiste, zur Störung der Wechselwirkung zwischen den sich differenzierenden zellreichen Geweben oder zur Störung der Migration der Neuroblasten und Melanoblasten.
Zwar wurden bei tauben weißen Katzen histologische Verränderungen des Gleichgewichtsorgans nachgewiesen, jedoch keine funktionellen Störungen."
[Quelle: Gutachten Qualzucht]

Die meisten Formen der Scheckung sind auf abgeschwächte Formen des Leuzismus zurückzuführen. Inzwischen ist bekannt, dass es mehrere unterschiedliche Gene gibt, deren Mutationen zu Leuzismus führen können. Dazu gehört der Endothelin-Rezeptor-B-Gen (EDNRB), das Paired Box Gen 3 (PAX3), SOX10, der Microphthalmie-assoziierter Transkriptionsfaktor (MITF), c-Kit und der Steel-Locus (codiert MGF).Die weißen Flecken gescheckter Katzen werden sehr wahrscheinlich durch eine Mutation des c-Kit-Locus hervorgerufen. Sehr interessant ist dies:"Soziale Folgen von Albinismus für Tiere

Albino-Labormäuse, auch viele soziale Tiere grenzen abweichend aussehende oder sich ungewöhnlich verhaltende Artgenossen so aus, wie wir es von Menschen kennen.
Die mit Albinismus oder Leuzismus verbundene größere Zahmheit der Tiere bietet in Menschenobhut einen erheblichen Überlebensvorteil: Sie macht es Menschen leichter, eine Beziehung zu den Tieren aufzubauen. Die weit verbreitete Ansicht, dass helle Farbschläge mit verminderter Aggressivität einhergehen, wird durch den gemeinsamen Syntheseweg von Adrenalin und Dopachinon aus Dopamin untermauert. " [Quelle: Wikipedia]Eine Herde brauner Pferde grenzt einen Schimmel aus, eine Schimmelherde ein dunkles Tier. Viele Züchter haben die Erfahrung gemacht, dass sich die vollfarbigen Sibirier weniger gut mit den Nevas vertragen. Eine einzelne Neva in einer Sibiriergruppe hat meist einen schweren Stand. Kommt es zu ernsten Auseinandersetzungen, ziehen die Nevas (da weniger aggressiv) häufig den Kürzeren.Wer also als Liebhaber beide Farben halten will, sollte für ein ausgewogenes Zahlenverhältnis sorgen. Eher dürfen die Nevas in des Überzahl sein.

 

Konsequenzen für die Zucht

Hier die Epfehlungen im "Gutachten" zu weißen Katzen:

"Empfehlungen:
Zuchtverbot (siehe Seite 14, Nr. I) fur weiße Katzen, deren Fellfarbe durch das dominante Gen W determiniert wird. Sofern nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Fellfarbe durch das Gen W determiniert ist, muss vor der Zuchtzulassung einer weißen Katze eine Genanalyse durchgeführt werden, sobald ein entsprechender Test vefügbar ist.
Bei der Nachzucht von Katzen mit dem Farbgen W können Taubheit und Defekte am Tapetum lucidum auftreten. Schwerhörige bzw. taube Katzen sind in ihrem Sozialverhalten und beim Beutefangverhalten stark behindert. Eine durch Defekte am Tapetum lucidum verursachte Einschränkung des Sehvermögens besonders in Dämmerung und Nacht verstärkt diese Behinderung. Es liegt damit ein Körperschaden vor, der zu dauerhaften Leiden führt.
Weitere Versuche, durch spezielle Zuchtprogramme die Defekte aus der Zucht mit dem W-Gen zu eliminieren, sind nicht zu rechtfertigen, da bei jeder Kombination immer wieder mit geschädigten Tieren zu rechnen ist."

Dieser Emfehlung sind die Katzenzuchtvereine bisher nicht gefolgt. Für weiße Katzen wird vor Zuchteinsatz lediglich ein Hörtest verlangt. Nur hörende Tiere dürfen in die Zucht. Die Paarung weiß x weiß ist untersagt.

Und hier die Empfehlung zu Point-Katzen und gescheckten Katzen:

"Für alle anderen, vorwiegend weißen, Katzen werden folgende Empfehlungen an die Zuchtverbände ausgesprochen (siehe Seite 14, Nr. IIb):
Point-Katzen aller Rassen sollten vor der Zuchtmlassung ophthalmologisch untersucht werden;
Taubheitsprobleme sind bisher nicht dokumentiert (Fellfarbung nicht W-Gen-determiniert).
Alle anderen weißen bnv. vorwiegend weißen (gescheckten) Katzen sollten vor der Zulassung zur Zucht audiometrisch und ophth,almologisch untersucht werden.
Zuchtverbot für Tiere mit Hör- oder Sehschäden.
Alle untersuchten Tiere sind dauerhaft zu kennzeichnen (Tätowierung oder Mikrochip). Es sind Zuchtbücher zu führen; diese und die Untersuchungsergebnisse sind bei Bedarf offen zu legen."

Auch dieser Empfehlung sind die Katzenzuchtvereine bisher nicht gefolgt. Allerdins steht so gut wie in jeder Zuchtordnung, dass Schielen (unabhängig von der Fellfarbe) ein zuchtausschließender Fehler sei. Nur in Vereinen, die als Voraussetzung für die Zuchtzulassung eine vorzügliche Schaubewertung fordern, ist es allerdings tatsächlich möglich, dass aufgrund deutlichen Schielens ein Zuchtausschluss erfolgt. Wie viele "Grenzfälle" trotzdem durchrutschen, kann man auf den Homepages der Point-Züchter besichtigen.

Angesichts der Tatsache, dass das Schielen vom gleichen Gendefekt wie die Pointfarbe verursacht wird, erscheint es auch mehr als fraglich, ob solche Zuchtuntersuchungen viel bringen würden. Natürlich macht es keinen guten Eindruck, mit schielenden Katzen zu züchten.

Eine Züchterkollegin (welche selbst kein Point züchtet) meinte neulich zu mir, dass die Erfahrung lehre, dass sich das Schielen wegzüchten ließe. Aber wie soll man das feststellen? Klar, die Züchter versuchen, die mehr oder weniger geradeaus guckenden Katzen für die Zucht auszuwählen. Ihre schielenden Geschwister gehen an Liebhaber. So wird es in jeder neuen Generation gemacht. Ob die Anzahl der schielenden Katzen in den Würfen tatsächlich zurückgeht, könnte man nur nachweisen, wenn man ausnahmslos alle Point-Katzen augenfachtierärztlich untersuchen ließe, und zwar im Erwachsenenalter.

Eine andere Züchterin klagte mir, sie hätte jetzt schon den dritten Point-Kater erworben und wieder ausgemustert, denn immer, wenn sie erwachsen seien, schielten sie. Hatte sie beim Kauf nicht aufgepasst?

Sehr kleine Katzenkinder in den ersten Lebenswochen schielen, unabhängig von der Augenfarbe recht häufig und zwar nach außen und meist beidäugig. Mit zunehmender Reife wandern die Augen dann in die richtige Position. Im Abgabealter kann es daher sein, dass ein junges Point-Kätzchen anscheinen geradeausguckt. Doch manchmal bleibt es nicht dabei, sondern es wandert, meist ein Auge, weiter, so dass sich ein Innenschielen ergibt. Dieser Umstand macht es zusätzlich schwer, beizeiten eine Zuchtwahl zu treffen.

Letztendlich verhält es sich ähnlich, wie mit den weißen Katzen. Wenn man schielende Katzen für eine Qualzucht hält, müsste man die Zucht mit Point-Katzen komplett verbieten, da wegen des genetischen Zusammenhangs mit der Farbe immer wieder mit schielenden Katzen zu rechnen ist.

Warum gehen die "Empfehlungen" trotzdem nicht so weit? Ich vermute, es liegt an der schieren Unmöglichkeit des Unterfangens, eine der ältesten Zuchtrassen überhaupt, die Siamkatze und mit ihr alle jüngeren Rassen in denen Point erlaubt oder sogar Standartfärbung ist und die weltweit einen großen Liebhaberkreis haben, zu verbieten.

Will man es nicht verbieten, muss man akzeptieren, dass ein mehr-oder weniger aparter Silberblick eben bei vielen Point-Katzen auftritt.

Liste der Point-Rassen:

- Siam
- Balinese (Siam Langhaar)
- Thai
- Ragdoll
- Heilige Birma
- Colorpoint / Himalayan (Perser in Point)

Point erlaubt:

- Sibirische Katze / Neva Masquarade
- Britisch Kurz- und Langhaar
- Exotic Shorthair
- Selkirk Rex
- Ragmuffin
- Snowshoe
- u.a.


 

Quellennachweis:

Albinismustypen (Wikipedia)http://de.wikipedia.org/wiki/Albinismus
Beachte die Tabelle und dort den Typ: Okulokutaner Albinismus Typ 1, abgekürzt OCA 1/ Typ 1B (unvollständiger Albinismus)

Okulocutaner Albinismus Typ 1B (OCA 1B)

Molekulargenetischer Nachweis für die Ursache der Point-Färbung bei Katzen:
Tyrosinase and tyrosinase related protein 1 alleles specify domestic cat coat color phenotypes of the albino and brown loci.(Schmidt-Küntzel A, Eizirik E, O'Brien SJ, Menotti-Raymond M,. 2005)

Medizinische Aspekte des Albinismus:
http://www.albinismus.info/

Tyrosinase-Gen-bezogener okulokutaner Albinismus http://www.albinismus.info/textversion/daten1001.html
Beachte besonders die Untergruppe "OCA 1B TS = Temperatur-Sensitiver OCA 1B:" Dies ist die Mutation, die auch bei unseren Point-Katzen vorliegt

Augenbefunde bei Albinismus (Käsmann)

Phänotyp des visuellen Systems bei okulokutanem und okulärem Albinismus (B. Käsmann-Kellner · B. Seitz
Klinik für Augenheilkunde im Universitätsklinikum des Saarlandes UKS, Homburg (Saar)

Papillendysplasie (Missbildung des Sehnervs) bei OCA1 in 53,7% der Fälle (Mensch). Sie ist hauptverantwortlich für Beeinträchtigung der Sehhschärfe.

In der Grafik zur Sehschärfe (Abb.8) wird leider nicht zwischen OCA1 A (vollständiger Ausfall) und OCA1 B (Restaktivität Tyr) unterschieden.

Tabelle 4, OCA1B + OCA1 TS (restaktive Tyrosynase):
- Visus (Sehschärfe): 0,1 -0,9
- Median Visus (mittlere Sehschärfe): 0,28
- Nystagmus: 87 % (!)

Leider wird nicht der Typ OCA1B TS (temperatursensitive Restaktivität) unterschieden

 


 

Literaturliste zum Thema Albinismus auf albinismus.info:

http://www.albinismus.info/textversion/daten20000.html

Darunter besonders interessant:
Hoffmann: Sehnervkreuzung bei Albinismus

Dr. Michael B. Hoffmann von der Universitäts-Augenklinik Magdeburg untersucht, ob die sich kreuzenden Sehnerven beim Albinismus zu Ausfällen im Gesichtsfeld führen, was eigentlich zu erwarten wäre. Offensichtlich kompensiert aber das Sehzentrum im gehirn die Fehlinformationen.